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Wie kann ich besser hören, verstehen und sprechen? | Tag #12 | Deutsch sprechen: 30 Tage Challenge


Wie kann dir aktives Hören dabei helfen, besser Deutsch zu sprechen?

Kennst du die 3 verschiedenen Arten des Hörens?

Und welchen typischen Fehler viele Lerner beim Hören machen?

Was ist der Unterschied zwischen an etwas teilnehmen und sich beteiligen?

Und was machen Sprachkünstler, wenn sie eine Sprache besser beherrschen wollen?

Höre dir das heutige Audio an und schreib mir in die Kommentare:

Welches Beispiel oder welche Geschichte hat dir am besten gefallen? Was nimmst daraus mit?

Transkript Tag #12

Gestern ging es ums schnelle Sprechen. Mit den Übungen zum Wiederholen hoffe ich, dass du erkannt hast, wie wichtig es ist, viel laut zu wiederholen. Ob beim Lautvorlesen oder beim Nachsprechen, das Imitieren ist der Schlüssel zum Lernen. Durch Imitieren lernen wir alles. Jemand muss uns immer zeigen, wie es geht und dann schauen wir uns das ab und ahmen es nach.

Dafür braucht man ein gutes Vorbild, ein Modell, jemand, der es etwas vormacht. Und heute möchte ich mit darüber sprechen, wie wichtig es ist, gute Vorbilder zu haben und genau zuhören zu können.

Es geht also um das Gegenteil vom Sprechen - das Hören.

Wir können es als einen zweistufigen oder sogar dreistufigen Prozess sehen.

Zuerst muss man hören, das Gehörte verstehen und richtig interpretieren und erst dann können wir selbst sprechen, darauf reagieren oder in unserem Fall - wiederholen und lernen.

Im ersten Schritt geht es ums Hören.

Damit du gut sprechen kannst, musst du auch gut zuhören können.

Es heißt nicht zufällig:

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.

Jetzt denkst du dir wahrscheinlich: “Nach deiner Logik, Dilyana, müssten wir ja alle schon längst Millionäre sein, denn wir alle können super auf Deutsch schweigen” :-)

Jaaa, aber so ist es nicht gemeint.

Es geht viel mehr um das Schweigen und ums genaue Hinhören, wenn andere sprechen.

Und hier ist ein typischer Fehler, den viele Deutschlerner beim Hören machen.

Sie hören, um zu verstehen und selten, um daraus zu lernen.

Viele Lerner konzentrieren sich nicht darauf, wie etwas gesagt wird und was man in welcher Situation benutzt, sondern sobald sie verstanden haben, worum es da geht, denken sie - Alles klar, ich hab’s verstanden. Und hören nicht mehr genau zu.

Oder genau das Gegenteil - sobald sie ein oder mehrere Wörter nicht verstanden haben, denken sie sich. “Scheiße, das ganze Lernen war umsonst, denn ich verstehe nur Bahnhof (nämlich gar nichts).”

Bahnhof hin oder her, aber jetzt mal im Ernst:

Kannst du aktiv zuhören?

Und was hörst du dann?

Es gibt 3 unterschiedliche Arten von Hören - das globale, das selektive und das detaillierte. Und heute möchte ich dir über die Kunst des Hörens erzählen und wie das richtige Zuhören dich zu einem besseren Deutschsprecher macht.

Zuerst geht es um das globale Hören.

Beim globalen Hören verstehen wir, worum es geht. Man aktiviert damit sein Gehirn und signalisiert, dass man bestimmte Informationen zu diesem Thema verstehen muss. Das Gehirn sucht schon mal nach Assoziationen oder ist darauf vorbereitet, was kommt.

Diese Vorbereitung ist ganz, ganz wichtig.

Und mit Vorbereitung meine ich nicht nur die Wörter, die man zu diesem Thema kennt. Denn das passiert in Millisekunden und in so einer kurzen Zeit siehst du vor Augen keine Liste von Wörtern, die zum Thema gehören. Darum geht’s auch nicht. Es geht darum, dass du reaktionsfähig bist. Und das kann ich am besten zeigen, wenn du an eine Situation denkst, in der du nicht wusstest, wie du reagieren solltest.

Zum Beispiel: Denk doch mal an eine Situation, vor der du Angst hattest.

Ein klassisches Beispiel beim Deutschlernen ist das Bezahlen an der Kasse.

Wer schon mal in Deutschland an der Kasse etwas bezahlen musste, kennt das sehr gut.

Es ist meiner Meinung nach auch eine der stressigsten Situationen, die es gibt.

Und so viele Lerner erzählen mir, wie sie immer Angst davor haben, was die Kassiererin sagt oder noch schlimmer, wenn sie sie etwas fragt. Denn dann versteht man nämlich gar nichts.

So viele Lerner strecken einfach so schnell wie möglich ihre Kreditkarte raus und hoffen, dass die Kassiererin nichts sagt und nichts Weiteres fragt.

Und wenn das passiert, dann müssen sie einfach ihre Schulter nach oben heben und nett und dumm lächeln und den Standardsatz mit ihrem stärksten Akzent sagen: ICK NICHTS VERSTEHEN - ICK, Ausländer. Sorry!

Das machen manchmal Leute, die eigentlich schon sehr gut Deutsch sprechen.

Und ich muss immer lachen, weil es mir am Anfang auch so ging.

Und ganz ehrlich, ich verstehe auch sehr gut, warum das passiert. Man möchte sich nicht blamieren. Man steht da, ganz vorne an der Kasse. Hinter einem steht eine Schlage von 5 bis 7 Leuten, die ungeduldig auf ihre Uhren schauen und natürlich keine Zeit haben. Da kann man auch nicht groß nachfragen und sagen: Können Sie das bitte langsam wiederholen. Ich lerne grade Deutsch. Nein! Für Wiederholung ist keine Zeit da. Weiter!

Die Kassiererin hat schon wie ein Roboter alle Waren eingescannt und hin geschmissen, bevor man noch seine Einkaufstüte öffnen konnte und dann hat man das Gefühl: der ganze Supermarkt schaut einen an und man versteht einfach nicht, was sie will. Hilfeeee! Bitte tötet mich nicht. Ich will nur bezahlen und gehen. Und am besten nie wieder kommen.

Was in so einer Situation hilft, ist, wenn man sich psychisch und sprachlich darauf einstellt.

Das heißt, es ist wirklich eine sehr vorhersehbare Situation, die man auch aus dem Heimatland kennt und die man jeden Tag erfolgreich bewältigt.

Wenn du dir also kurz überlegst, was dich in dieser Situation erwartet, dann wirst du feststellen, dass selbst wenn du gar nichts verstehst, noch nicht mal ein einziges Wort, brauchst du keine Angst zu haben, weil du trotzdem richtig reagieren kannst.

Warum?

Was könnte denn die Kassiererin überhaupt sagen?

Zuerst würde sie dich begrüßen. Für die Begrüßung gibt es natürlich mehrere Varianten von Guten Tag, Hallo, Servus, Grüß Gott bis hin zu Moin oder Tach. Egal was es ist, egal in welchem Dialekt es ist, die Begrüßung erkennst du daran, dass sie relativ kurz ist. Die Intonation am Ende zeigt dir auch, dass es keine Frage ist, also kein Grund zur Aufregung.

Während des Einscannens könnte aber schon vorkommen, dass sie dir 2 oder 3 Fragen stellt.

Zum Beispiel: Möchten Sie eine Tüte haben?

In manchen Supermärkten geben die Kassiererinnen die Tüten raus, in anderen liegen sie unter dem Laufband. In beiden Fällen sind Kassiererinnen darin geschult, dich zu fragen, weil sie immer die Tüten verkaufen wollen.

Achte also auf das Wort Tüte oder Tasche. Eventuell würde die Kassiererin darauf zeigen. Am besten bringst du deine eigene Tasche mit und hältst sie so, dass sie sie sofort sieht und gar nicht auf die Idee kommt, dir weitere Tüten anzubieten.

Zweite Frage: Sammeln Sie Punkte? Oder Treupunkte? Oder haben Sie eine Kundenkarte?

Darauf kannst du mit einem einfachen “Nein, danke” antworten. Damit signalisierst du, dass du auch keine haben möchtest und fertig.

Und die dritte mögliche Frage ist: Wie möchten Sie bezahlen - bar oder mit Karte?

Vielleicht gibt es noch einen Unterschied im Gerät, je nachdem, ob du mit einer EC-Karte zahlst - das ist eine Maestro-Karte, oder mit einer Kreditkarte, die keine PIN verlangt. Aber selbst, wenn du diese Frage nicht verstehst und einfach das Geld ausstreckst, ist das eine angemessene Reaktion.

Und damit hast du erfolgreich eingekauft und bezahlt, yaaay!

Aber was hat es mit globalem Hören zu tun?

Das globale Hören ist das, was du machst, wenn du erstmal grob das Thema erkennen sollst oder aus der Situation heraus entscheidest, was dich erwartet.

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Jede kommunikative Situation passiert im Kontext. Deshalb ist es so wichtig, dass du dich auf das Verstehen vorbereitest, indem du dir die Frage stellst: Was kann ich in dieser Situation erwarten?

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Unser Gehirn arbeitet mit Assoziationen.

Und in vielen Sprachen sind sie ganz ähnlich.

Schau mal, was ist das erste Wort, woran du denkst, wenn ich sage

Kuh - wahrscheinlich Milch oder?

schwarz - weiß

oben - unten

So ist es auch, wenn es um kompliziertere Situationen geht. Sprachhandlungen passieren oft nach unbewussten Regeln. Es sind die so genannten sprachlichen Rituale. Zum Beispiel: das Einkaufen - sprachlich passiert da Folgendes: Begrüßung, Nachfrage, Bezahlen, Verabschieden. Und du verstehst mehr, wenn du darauf vorbereitet bist, was dich erwartet.

Vielleicht verstehst du aber schon vieles oder auch alles?

Dann ist die zweite Art des Hörens für dich wichtig.

Dabei geht es um das selektive Hören.

Beim selektiven Hören geht es darum, dass du wichtige von unwichtigen Informationen unterscheiden kannst.

In Hörverstehen-Übungen wird das oft in Form von Richtig-oder-falsch-Aufgaben abgefragt.

Aber wie hilft dir das selektive Hören, um besser zu sprechen?

Indem du dir selbst Aufgaben stellst und auf bestimmte Sachen achtest.

Aufgaben sind ganz wichtig. Deshalb bekommst du auch im Unterricht oder in der Prüfung immer zuerst die Fragen und dann erst den Text.

Warum?

Damit du weißt, worauf du dich konzentrieren kannst.

Nur beim globalen Hören brauchst nicht unbedingt die Aufgaben. Es hilft schon, wenn man das Thema kennt, aber das versteht man auch relativ schnell nach den ersten ein paar Sätzen.

Beim selektiven Hören kannst du aber wichtig und unwichtig nur dann unterscheiden, wenn du eine Aufgabe hast, auf die achten sollst.

Das ist auch der Grund, warum Texte Titel haben.

Das ist auch der Grund, warum ich dir immer zuerst das Thema nenne, worüber wir sprechen werden.

Damit du dich schon mal vorbereiten kannst. Damit ich dein Interesse wecke.

Je interessanter etwas für dich klingt oder je relevanter desto aufnahmefähiger bist du für die Informationen und umso konzentrierter hörst du mir zu.

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Wenn du also schon ziemlich gut Deutsch verstehst, dann könntest du in allgemeinen Gesprächen auf die Sachen achten, die du bei dir noch verbessern möchtest.

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Wenn es also deine Aussprache und deine Intonation verbessern möchtest, dann achte darauf und versuche es nachzuahmen.

Wenn es Präpositionen sind, dann höre zu, wie die anderen die Präpositionen benutzen. Achte auf ihre Nutzung von Akkusativ und Dativ. Vielleicht werden dir genau diese Situation oder der ganze Satz helfen, dir die richtige Präposition zu merken?

Zum Beispiel habe ich früher immer “denken an” verwechselt. Ich wusste nicht, ob danach Akkusativ oder Dativ folgte. Bis ich mir den Satz gemerkt habe: “Ich muss oft an dich denken.” Damit weiß ich genau, es ist denken an Akkusativ.

Oder wenn allgemein deinen Wortschatz erweitern möchtest, dann achte auf die Wörter, die andere verwenden. Zum Beispiel in diesem Satz: Hättest du eher das Verb “benutzen” gesagt oder auch “verwenden”. Warum ist es nicht Worte, sondern Wörter? Achte auf die Wörter, die andere verwenden.

Das ist sowieso eine sehr gute Frage:

Wie hätte ich es selbst gesagt und wie sagen es die anderen?

Vergleiche dich. Wiederhole dann das, was die anderen sagen. So entwickelst du langsam dein Sprachgefühl. Denn nicht immer kann man alles logischerweise erklären. Selbst Muttersprachler sind sich unbewusst darüber, warum man etwas in einer bestimmten Situation sagt und in einer anderen Situation nicht.

Zum Beispiel heute morgen im Unterricht, sagte eine Lernerin von mir: “Möchtest du am Geschenk teilnehmen?”

Es ging um einen Dialog, wo Mitarbeiter Geld für ein gemeinsames Geschenk sammelten. Sie sollte es also organisieren und fragte die anderen Mitarbeiter, ob sie auch Geld für das Geschenk geben wollten.

“Teilnehmen” ist aber nicht das richtige Verb in dieser Situation. Man sagt: “Möchtest du dich am Geschenk beteiligen?” und nicht “Möchtest du am Geschenk teilnehmen?”.

Ich habe kurz überlegt und dachte mir: Warum eigentlich?

Ich selbst habe immer “teilnehmen” und “sich beteiligen” als Synonyme gelernt. Aber als sie das gesagt hat, klang das in meinen Ohren ganz komisch.

Ich habe zum ersten Mal darüber nachgedacht. Teilnehmen ist, wenn wir bei etwas mitmachen, als Teilnehmer, zum Beispiel an einem Workshop oder an einem Kurs kann man teilnehmen. Aber an einem Geschenk, da gibt man zwar etwas dazu, aber man ist kein Teilnehmer, also beteiligt man sich.

Ja, keine Ahnung, wie man das besser erklärt. Wie gesagt, ich habe nie darüber nachgedacht, aber ich wusste, dass es falsch klingt, weil ich es bis jetzt noch nie so gehört habe.

Es klang irgendwie falsch.

Und genau das ist das Sprachgefühl. Es entwickelt sich im Umgang mit der Sprache.

Man liest und man hört vor allem so oft bestimmte Wörter in bestimmten Situationen, dass man sich die ganze Situation so merkt, mit den Wörtern, die dazu gehören. Und man denkt nicht unbedingt darüber nach, warum es in dieser Situation so heißt und nicht anders.

So wie viele Muttersprachler sagen würden: “Es heißt halt so.” Und es ist halt so.

Und die dritte Art des Hörens ist das detaillierte Hören.

Dabei geht es wirklich, um ganz konkrete Informationen, die wichtig sind. Eine konkrete Uhrzeit oder eine konkrete Aufgabe, die jemand erledigen muss.

Dabei muss man oft etwas Bestimmtes heraushören oder das Gesagte noch weiter interpretieren. Was ist damit gemeint? Was bedeutet das in dieser Situation?

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an eine Uni-Vorlesung, in der wir über 5 verschiedene Bedeutungen des Wortes “Ja” diskutiert haben. Der Professor hat damals folgendes Experiment mit uns gemacht.

Hör mal genau zu.

Deine Aufgabe ist, dir vorzustellen, in welcher Situation man das sagt und was es dieser Situation bedeutet.

Ja.

Ja?

Ah ja!

Na ja!

Ja, ja!

Das erste “Ja” war einfach eine Bestätigung.

Kommst du zur Party? - Ja, ich komme.

Das zweite “Ja” äußerte Zweifel - Ja? Wirklich? Das glaube ich nicht.

Das dritte Ah ja! zeigte Verwunderung - Ah ja, wie schön!

“Na ja!” deutet aufs Abschließen eines Themas hin, es bedeutet so gut wie - na gut, ok, das ist halt so. Oder, naja, was kann man machen. Es gibt also nichts mehr dazu zu sagen.

Und das doppelte “Ja, ja” bedeutet eigentlich genau das Gegenteil.

Zum Bespiel: “Ich konnte in 3 Monaten fließend Deutsch sprechen” - Ja, ja! Erzähl weiter. Ich glaube’s dir nur nicht.

Also, du siehst, wie viele Nuancen anhand der Intonation erkannt werden können.

Und dass kleine Details einen großen Bedeutungsunterschied haben können.

Diese Nuancen zu erkennen und richtig zu interpretieren, ist nicht immer einfach. Sie selbst in unser eigenes Sprachrepertoire zu integrieren, ist eine richtige Kunst.

Und die Sprachkunst, wie alle anderen Künste auch, will geübt werden.

In diesem Sinne würde ich mit zwei schönen Zitaten vom spanischen Maler und Künstler Pablo Picasso abschließen:

Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben.

Und das zweite:

Ich konnte schon früh zeichnen wie Raphael, aber ich habe ein Leben lang dazu gebraucht, wieder zeichnen zu lernen wie ein Kind.

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Schaue also nach dem Kind in dir, bleib neugierig aufs Neue, achte auf die kleinen Details, die einen großen Unterschied ausmachen. Und spiele weiter mit der Sprache. Denn sie ist ein mächtiges Werkzeug, das uns erlaubt, andere sowie uns selbst besser zu verstehen.

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Deine Herausforderin,

Dilyana

E-Book "Schluss mit den typischen Fehlern"

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